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Auf fließendem Eis
Den ersten Neuschnee hat der Fön schon
verweht. Der Skibetrieb auf den “Fünf Tiroler Gletschern” läuft dennoch auf
Hochtouren. Denn die Tiefdruckgebiete zu Beginn des Novembers und die Kunst der
Raupenfahrer haben das Eis in 3000 Metern Höhe und mehr in bis zu 15 Kilometer
lange griffigen Pisten verwandelt. Bei idealen Bedingungen hat die Skisaison
zwischen den Gipfeln in Kaunertal,
Pitztal, Sölden und Stubai längst begonnen. In Hintertux ging sie nicht einmal
zu Ende: Zwischen 1500 und 3250 Metern ist es Österreichs einziges
Ganzjahres-Pisteneldorado.
Mögen sich die Skigebiete aus Marketinggründen auch als schlagkräftige Einheit
präsentieren, so können zwischen ihren Tälern doch bis zu 180 Straßenkilometer
liegen. Da ist es praktisch, dass der gemeinsame 10-Tage-Skipass für 317 Euro
flexibel über die ganze Saison eingesetzt werden kann. Nur von den Bergstationen
aus scheinen die ähnlich unendlich breiten und schneesicheren Abfahrten der
Konkurrenten zum Greifen nah. Denn Konkurrenten sind sie und liefern sich um die
Gunst der Abfahrer, Snowboarder und Sonnenanbeter einen gesunden Wettbewerb über
das Pistenangebot hinaus.
Da wird mit Superlativen nicht gespart. Einer davon feierte am 27. November 2010
Premiere: Die neue
Gaislachkogelbahn in Sölden ist zurzeit das Maß aller Dinge
im Kabinenbahnbau. Bis zu 3600 Personen schweben in den 119 Achter-Gondeln pro
Stunde zur futuristisch mit Zellophanhaut bespannten Mittelstation. Von dort aus
wird der Gipfel in 3040 Metern Höhe mit einer Dreiseil-Bahn erschlossen - der
weltweit höchsten dieser Bauart. 35 Millionen Euro wurden hier verbaut, die in
Erwartung nachlassenden Permafrosts kühlbaren Verankerungen mitgerechnet.
Meilensammler kommen bei der Big-3-Rallye zwischen Tiefenbach- und
Rettenbachferner auf ihre Kosten, einer 50-Kilometer-Strecke, auf der drei
Gipfel jenseits der 3000er Marke angesteuert werden. Geübte brauchen für die
überwiegend roten und blauen Pisten wenigstens vier Stunden. Dass es in dem
Gebiet auch anspruchsvoll zu Werke gehen kann, zeigen die jährlichen
Weltcuprennen. Und als Party-Hotspot ist Sölden längst kein Geheimtipp mehr.
Party machen in Stubai schon die Kleinsten. Nicht umsonst hat es der ADAC zum
familienfreundlichsten Skigebiet gekürt. Hier kommen die Skilehrer bis ins
Hotel, um den Nachwuchs abzuholen, während sich dessen Eltern noch das Frühstück
schmecken lassen. In Begleitung von Papa oder Mama können Kinder bis zu zehn
Jahren die 25 Seilbahn- und Liftanlagen sogar kostenlos benutzen. Und Familien
und die 50+Generation erwartet eine Comfortpiste. Deren sachtes Gefälle lockt
allerdings auch schneidige Fortgeschrittene gern zur sorglosen Schussfahrt an.
Die Gipfelplattform “Top of Tyrol” auf 3150 Metern Höhe am Grat des großen
Isidor offenbart ein grandioses 360-Grad-Panorama. Bis auf die italienische
Marmolata reicht der Blick. Der ist mit mehr als 50 Treppenstufen schwer
verdient: Die dünne Luft hier oben verlangt nicht nur dem Ungeübten einiges ab.
Stärkung findet sich im für zehn Millionen Euro renovierten Eisgrat-Restaurant
auf 2900 Metern mit der höchstgelegenen Pastamanufaktur der Welt.
Was dem Stubaier seine Pasta, ist dem Pitztaler seine Torte. Österreichweit
liegt keine Konditorei höher als die im Restaurant Kristall (2840 m). Und auf
keinem anderen Gletscher des Landes geht es höher hinauf als hier (3440 m).
Gerade führte der Westdeutsche Skiverband auf den Pisten seine
Wintereröffnungswoche durch. Auch Olympiasieger Bennie Raich trainiert
regelmäßig hier. Freerider und Boardfreaks können sich in einem 3000
Quadratmeter großen Snowpark mit professioneller Halfpipe austoben.
Das junge sportliche Publikum hat auch das Kaunertal im Visier. Wer mit den
Begriffen “Curves, Bumps & Banks” vertraut ist, findet in seinem Funpark Kurse
in allen Schwierigkeitsgraden. Die neue Karlsjochbahn verwöhnt ihre Benutzer mit
einer Sitzheizung in den Achter-Gondeln.
In Hintertux geht man dem Gletscher
buchstäblich auf den Grund. Erst vor drei Jahren wurde das natürliche Gangsystem
unterhalb
der Gefrorenen Wand entdeckt, das die Sonne in ein geheimnisvolles Blau taucht.
Geführte Wanderungen führen zu glitzernden Galerien und kristallklaren Kammern.
Das vielbesungene ewige Eis
sucht man jedoch vergeblich. Die unter hohem Eigendruck verdicheteten
Schneeschichten vergangener Jahrzehnte fließen für das Auge nicht wahrnehmbar
langsam zu Tal, was auch den Charakter dieser Spalte immer wieder verändert. Von
den Liftbetreibern in den Gletscherskigebieten verlangt dieser Umstand
besonderes Geschick. Mehrmals im Jahr müssen die im Eis verankerten Stützen
zurückverlegt werden.
© Uwe Wahlbrink 11/2010
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