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Bozen - Berg und Tal
Mal ein etwas anderer Anlass zur Firmengründung. Josef Reiterer lächelt verschmitzt: „Anfangs ging es um die Deckung des Eigenbedarfs. Meine Frau und ich trinken gerne Sekt.“ Doch bei 300 Flaschen pro Jahr blieb es nicht. Heute verlassen 70.000 Flaschen edlen Schaumweins der Marken Arunda Vivaldi jährlich die Sektkellerei, die Reiter zufolge die höchstgelegene Europas ist. Chardonnay, Weißburgunder und weißgekelterter Blauburgunder aus Südtiroler Anbaugebieten gären hier nach dem aufwändigen klassischen Champagnerverfahren in der handgerüttelten Flasche. Für Kenner von Rebsorten und Weinen breitet der gelernte Mikrobiologe bei Betriebsführungen gerne humorvoll und geistreich die Fülle seines Fachwissens aus. Selbst das Geheimnis der Perlen im Sektglas vermag Reiterer faszinierend einfach zu lüften.
1200 Meter hoch in Mölten gelegen, ist die „Cantina Talento“ der Familie Reiterer aus dem 16. Jahrhundert selbst eine Perle unter den touristischen Schmuckstücken rund um Bozen. Allein 28 Burgen und Schlösser haben die Heimatforscher im Talkessel der Südtiroler Landeshauptstadt gezählt. Den historischen Bauwerken wird Ende September 2004 eine eigene Ausstellung auf Schloss Runkelstein gewidmet. Doch die zusätzliche Attraktion hätte diese Bilderburg überhaupt nicht nötig. Das mittelalterliche Schloss birgt den größten erhaltenen profanen Freskenzyklus Europas. Darstellungen von Ritterturnieren, Brautwerbung und der hier glücklich endenden Liebesgeschichte von Tristan und Isolde sind den steilen Schlussanstieg am Ende einer Wanderung allemal wert. Ausgangspunkt dazu könnte St. Magdalena sein. Das kleine Dörfchen gibt dem berühmten Rotwein aus Vernatsch- und Lagrein-Trauben seinen Namen. Von hier aus führt die Oswaldpromenade nach Bozen hinab.
Mit der Seilbahn schwebt der Besucher in acht Minuten vom Rand der Stadt rund 1000 Höhenmeter einem weiteren Schmuckstück entgegen. Jenesien ist so etwas wie die Sonnenterrasse Bozens am Tschögglberg, mit prächtigen Milch-Bauernhöfen. Wer hier mehr als 20 Kühe sein Eigen nennt, ist nicht mehr auf einen Zweit-Beruf in der Stadt angewiesen. Auf den Wiesen tummeln sich blonde Schönheiten nur so: Fuchsfarbene Haflinger-Pferdchen mit heller Mähne, die als Fotomotive ebenso begehrt sind wie als trittsichere Reittiere.
Wer es bequemer mag, lässt sich von ihnen in der Kutsche durch die Lärchenwälder des 30 Kilometer langen Salten oberhalb des Dorfes ziehen. Dort kommen auch Mountainbiker und Wanderer auf ihre Kosten. Das von geringen Höhenunterschieden geprägte Hochplateau bietet grandiose Ausblicke auf die Schönheit der Dolomiten. Dabei sticht vor allem der im Abendrot erglühende Rosengarten des Sagenkönigs Laurin ins Auge.
Vorbei an den „Stoarnen Mandeln“, einer uralten Kultstätte am Tschögglberg, lässt sich das benachbarte Sarntal auf Schusters Rappen erwandern. Von Bozen aus schlängelt sich eine wildromantische Panoramastraße in das Tal, an dessen Ende sich das Kirchlein zum Hl. Nikolaus bei Windstille im Durnholzer See spiegelt. Ein großer Schatz dieses Tals ist seine urige schlagfertige Bevölkerung, deren Witz bevorzugt die Städter aufs Korn nimmt. Beinahe ausgestorbenes Handwerk wie das des Korbmachers, des Handwebers oder des Pfeifenschnitzers pflegen die Menschen in und um Sarnthein liebevoll. Sonntags gehen die Sarner in Tracht und Holzschuhen zur Kirche, und an den Schnüren der Männerhüte lässt sich erkennen, welcher seiner Träger noch zu haben ist (rot) und welcher nicht (grün) – wobei es mit der Wahrheit manchmal nicht so genau genommen werden soll...
Anspruchsvolle Klettermäxe und sportliche Trekker werden an den 140 umgebenden Gipfeln sicher fündig und entspannen sich anschließend in einem Latschenkieferbad. Das Öl der Legföhren wird in alle Welt exportiert, das erholsame Schwitzen in den erhitzten Holz- und Zapfenspänen gehört zum immer größer werdenden Wellness-Angebot im Tal. Deftig präsentiert sich die Sarner Bauernküche. Bei aller Erdverbundenheit kommt der Feinschmecker nicht zu kurz. Spitzenrestaurants wie das Bad Schörgau in Sarnthein genießen auch in der Fachwelt einen ausgezeichneten Ruf.
Als eine der fahrradfahrerfreundlichsten Städte im Land eignet sich Bozen als Ausgangspunkt von Touren auch für weniger sportliche Fahrer. Die Wege sind gut ausgebaut und beschildert. Das Verkehrsgebaren innerorts entspricht dem Temperament ihrer Benutzer: 75 Prozent der Einwohner der Stadt an der Talfer entstammen geschichtsbedingt dem Süden Italiens.
Hinaus aus dem Stadttrubel folgt ein Weg in sanftem Auf und Ab der Etsch gen Meran. Von oben grüßt die Burg Sigmundskron, in der Südtirols berühmter Bergsteiger Reinhold Messner sein Mountain-Museum verwirklichen möchte. Unzählige Apfelbäume säumen den Pfad blütenübersäht im Frühjahr. Unterwegs, nach 20 Kilometern, lädt Terlan zur Rast ein, in dem der Spargelwein auf der Speisekarte auf die Spezialitäten dieses Örtchens schließen lässt. Wer dort die Zeit vergisst, kann notfalls auch mit der Regionalbahn in die Stadt zurückfahren.
Letztere weiß selbst mit einer Vielzahl von Schmuckstücken zu prunken. Die gotische Altstadt, die Pfarrkirche mit dem Schnitzaltar von Michael Pacher oder das barocke Kloster Muri Gries aus dem 18. Jahrhundert sind nur einige davon. Allein das Archäologiemuseum („Der Ötzi“) zählt im Jahr 300 000 Besucher. Spaghetti und Knödel, italienische Designermode und Tiroler Loden präsentieren sich in friedlicher Koexistenz. Auch bei den zahlreichen Musikfestivals und Volksfesten lässt sich Bozen als Ort der Begegnung zwischen Nord und Süd erfahren. Dabei hat das jährliche Speckfest am dritten Wochenende im Mai das Geheimtipp-Stadium längst überschritten. Per Eisenbahn, Auto und seit April auch mit dem Linienflieger der "AirAlps" bequem von München aus zu erreichen, eignet sich der 100 000-Einwohner-Ort gut als Urlaubsdomizil für den, der die Bergwelt erleben möchte, ohne auf städtisches Flair, Einkaufen und Kultur zu verzichten.
C 2004 Uwe Wahlbrink
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