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Auf der Azoreninsel Sao Miguel wird nicht nur das Wetter gemachtDie
Bandscheiben lassen grüßen. Wenn Kapitän Rui Rodrigues den „Hebel auf
den Tisch legt“, wie Seefahrer das Vollgas gerne nennen, verwandelt
sich der so ruhige Atlantik vor Sao Miguel in eine grobe
Schotterstraße. Nur wenig federn die dick gepolsterten Sattelsitze der
„Alfredo Baleeiro“ die harten Schläge ab, wenn ihr Bug wie in ein
Schlagloch zwischen zwei Wellentäler vor der Hauptinsel der Azoren
knallt. Fast 40 Minuten lang saust das 8,50 Meter lange Schlauchboot
vorbei an rastenden Gelbschnabel-Sturmtauchern auf die offene See
hinaus. Dann zieht Rodrigues den Gasgriff hoch und drosselt das Tempo,
denn das Boot hat plötzlich Gesellschaft bekommen.
Große
Tümmler und Fleckendelfine schieben sich, beim Auftauchen ein lautes
„Pfiiuu“ ausstoßend, neugierig bis auf
wenige Zentimeter an die Gummiwülste
heran. Sie scheinen sich einen Spaß daraus zu machen, direkt vor den
ausgestreckten Armen der Bootsbesatzung wieder abzutauchen. Vor den
Schwimmern, die sich behutsam aus einem Nachbarboot zu ihnen gesellen,
zeigen sie ebenfalls keine Scheu, halten sich aber auch nicht allzu
lange bei ihnen auf. Der direkte Kontakt mit den Meeressäugern ist ein
Höhepunkt der täglichen Wal-Beobachtungstouren, die an die Stelle des
einst dort betriebenen Walfangs getreten sind. Für viele gibt es kein
besseres Revier. Fast 40 Walarten wurden in diesem Teil des
atlantischen Ozeans schon gezählt. Als
Namensgeber für Hochdruckwetterlagen sind die 1300 Kilometer von ihrem
portugiesischen Festland entfernt liegenden Azoren noch immer bekannter
denn als Urlaubsregion. So leben die 140.000 Einwohner von Sao Miguel
überwiegend von der Landwirtschaft, was auch die doppelt so große Zahl
von Milchkühen erklärt. Dabei hat die am besten erschlossene Insel der
bis zu 600 Kilometer weit auseinanderliegenden Gruppe viel von dem zu
bieten, wonach sich aktive Urlauber in Trendregionen sehen: Ruhe und
Natur.
Ein gut
ausgeschildertes
Wanderwege-Netz beginnt direkt vor den Toren der überschaubaren freundlichen Hauptstadt
Ponta Delgada, ausgewiesene Fahrradwege sind noch selten. Trotzdem
empfiehlt sich die Erkundung der Insel mit dem Zweirad auf jeden Fall.
Wem für ausgeprägte Berg- und Taltouren kräftige Oberschenkel und die
nötige Kondition fehlen, der greift zum Elektro-Fahrrad, das die Firma
Pedelo-Travel eben erst dort etablierte. Mit eingebautem Rückenwind
kommen Jung und Alt schadstofffrei in die entlegendsten Winkel.
Zwar
haben Haus- und Schiffbau sowie der Bedarf an Brennholz ihren Tribut in
den einst dichten Lorbeerwäldern gefordert. Doch die
wiederhergestellten alten
Handelspfade, oft gesäumt von himmelblauen Hortensien, erschließen
immer noch eine äußerst grüne Insel. An vielen Stellen bieten sie dem
Wanderer so atemberaubende Ausblicke wie auf die Steilküste bei Ladeira
da Velha im Norden. Oder vom 915 Meter hohen Pico de Baroso auf den
Lagoa
do Fogo. Der
Süßwassersee in der Inselmitte hüllt sich gern geheimnisvoll in
Nebelschwaden. Atemberaubend und dem vulkanischen Ursprung des
Archipels geschuldet sind auch die Schwefeldämpfe, die bei den heißen
Quellen im verwunschenen Naturpark Caldeira Velha austreten.
Riesenfarne und üppige Sicheltannen säumen dort den Weg zwischen
schroffen Felsen vorbei an einem kleinen aus eisenhaltigem Wasserfall
gespeisten Weiher, der zum Baden einlädt. Ebenfalls
eisenhaltig und gar 38 Grad warm ist der See im Park Terra Nostra.
Dessen Bestand an exotischen und einheimischen Blumen und Bäumen,
manche schon über 100 Jahre alt, würden vielen botanischen Gärten
weltweit Ehre machen. In den Wasserläufen tummeln sich Goldfische,
schwarze Schwäne, Enten und Libellen. Im Hotel nebenan wird die lokale
Spezialität schlechthin gepflegt: der Cozido nas Furnas. Den kocht die
Erde praktisch selbst. Die Köche lassen dazu mit Fleisch, Wurst,
Kartoffeln, Kohl und anderem Gemüse gefüllte Töpfe in Erdröhren am
Rande des Furnas-Sees hinab, wo sie sechs Stunden lang garen. Dann
ziehen sie diese wieder hoch und servieren den Eintopf zu gutem
Azorenwein ihren Gästen. Der edle Tropfen kommt vorzugsweise von der Insel Pico. Deren Einwohner nennen sie die schönste aller Azoreninseln. Aber so nennen die Menschen von Corvo, Flores, Graciosa, Terceira, Sao Jorge, Faial, Sao Miguel und Santa Maria die ihre auch. Die Wahrheit herauszufinden, ist eine lohnende Herausforderung auf dem Archipel. |
Anreise: SATA und Air Berlin
fliegen bis zu zwei Mal wöchentlich non-stop von Frankfurt und
Düsseldorf bzw. Nürnberg nach Ponta Delgada auf Sao Miguel (ca. 4.30
Stunden). Ab München ist die Anreise mit Zwischenstopp in Porto möglich
(SATA), ab Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg und München täglich
mit TAP Portugal über Lissabon. SATA Air Acores verbindet Sao Miguel
mit den übrigen Azoren-Inseln auf dem Luftweg.
Unterkünfte: gute Drei- bis
Vier-Sterne-Hotels, z.B. Hotel Marina Atlântico, Ponta Delgada,
Doppelzimmer mit Meerblick ab 74 €. Dazu gibt es eine Jugendherberge
und Campingplätze sowie Wohnungen in Gutshöfen und Landhäusern.
Tipp:
Besichtigung der einzigen Teemanufaktur Europas, Chá Gorreana, im
Norden von Sao Miguel. Aufgrund der Abgeschiedenheit der Azoren wird
der der Tee dort unter Verzicht auf Pflanzenschutzmittel überwiegend in
Handarbeit
kultiviert,
geerntet und verarbeitet.
Reisezeit: Aufgrund des ausgeglichenen Klimas mit milden Wintern und warmen, aber nicht sehr heißen Sommern eignen sich die Azoren als ganzjähriges Reiseziel. Die wenigsten Niederschläge fallen zwischen Juli und September. Die Luftfeuchtigkeit ist relativ hoch, und mitunter gibt es an einem Tag große Wetterumschwünge.
Infos: azoren-archipel.de, pedelo.de, trails-azores.com (Wandertipps in englischer Sprache), Portugiesisches Fremdenverkehrsamt | © Uwe Wahlbrink 2012 |
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